Gerhard
Breinlinger
Wie bei vielen seiner Generation war die Malerei Gerhard Breinlingers
durch die Ungegenständlichkeit der Nachkriegskunst geprägt.
Nach ersten monochromen Anfängen in den sechziger Jahren
beginnt er nach langer malerischer Enthaltung in den neunziger
Jahren erneut zu malen.
In seinen neuen bildnerischen Visionen bedient sich Breinlinger
ganz der Freiheiten des Informel, gleichzeitig thematisiert er
seine Kunst und gibt seinen Bildtafeln Inhalte, die auf einer
intensiven Auseinandersetzung mit Geschichte, der Kunst und Literatur
vergangener Epochen beruhen. Breinlingers Bilder vermitteln sich
dem Betrachter als strahlende Tableaus von einem geradezu genüsslichen
Kolorit, dessen gleißendes Schauspiel der Farbe auf eine
aus der Tiefe wachsende Suggestion lenkt.
Klaus Schuhmacher, Literatur-Professor an der Universität
Dresden, beschreibt die Bilder Breinlingers als Konzentrate von
dinglichen Reizungen, physiognomischen Aufscheinungen, Architekturzitaten,
figuralen Fragmenten. Sie übersetzen sich in Pläne,
Suchanweisungen, Topographien,
in Verrätselungen des Gegenständlichen - und in Bedeutungsspielfelder,
deren Energetik nicht zuletzt durch die Titel gelenkt würde.
Der Autor sieht sie als magische Formeln und zugleich als ganz
offene Leseanweisungen des Künstlers, die die Hermetik der
Bilder zu besiegeln scheinen und dennoch exoterisch erscheinen,
gerade wo sie als exotische Chiffren wirken. So könnten sie
jedem, der sich etwa mit den bevorzugten Themen Breinlingers,
der Frührenaissance, der Renaissance, auseinandersetze, als
Geschichte zuwachsen.
Breinlinger entwirft mit seinen Arbeiten keine Erzähltableaus,
sondern realisiert eine Vision,
die ein erzählerisches Konzentrat überwältigt.
In seinen Bildern seien Appelle vollzogen, die von Texten, beispielsweise
denen der Cantos Ezra Pounds, ausgesandt werden. Man könne
sie aber nicht als Bildschriften, Ikonographien ansehen, sondern
als Ikonen, d.h. Bilder »als eine solche Vermittlung von
Sinn, die durch nichts zu ersetzen ist«, wie der von Breinlinger
verehrte Kunsthistoriker Max Imdahl
Bilder gesehen wissen wollte.
Nach Klaus Schuhmacher gehen Breinlingers Bilder nicht im Selbstgenügen
der reinen Visualität auf;
er beschwört zwar, aber er dementiert auch ihr heroisches
Schweigen. Die Titel, auf denen er bestehe, initiieren eine Bildrhetorik,
die jenseits aller Hermetik und Exotik den kommunikativen Akt
suche.
In den »Brucciamento«-Bildern des Künstlers sieht
Schuhmacher Schlüsselwerke, in denen sich die Visualisierung
eines Vernichtungsvorgangs in einer spielend-ernsten Zerstörungsgeste
darstellt. »Brucciamento« ist eine leuchtende Beschwörung
der Geheimnisse, die alle Bilder Breinlingers
in sich tragen.
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